Als Flugbegleiterin sieht man so allerlei, am häufigsten aber Menschen die Flugangst haben. Wusstet ihr, dass 29% der ÖsterreicherInnen an Flugangst leiden? Damit es dir auf deinem nächsten Flug besser geht, habe ich hier 10 Tipps gegen deine Flugangst.
So bewältigst du deine Flugangst
Die meisten Leute mit Flugangst haben vor einem (oder mehrere) der folgenden Dinge Angst: 1. Die Angst vor Turbulenzen. 2. Der Kontrollverlust in der Situation des Fliegens und 3. die Angst vor einem Absturz. Ich möchte an dieser Stelle mal ganz ehrlich sein: es gibt auch Flugbegleiter mit Flugangst und vor all den drei aufgezählten Punkten hatte auch ich schon Angst! Und wisst ihr was gegen diese Angst hilft? Ganz genau: Wissen und Informationen.
Entspannt bleiben bei Turbulenzen
Turbulenzen sind etwas ganz normales und vor allem auf der Kurzstrecke mein täglicher Begleiter. Es wackelt eigentlich immer irgendwann. Und vor allem dann, wenn das Cockpit im Briefing einen ruhigen Flug ohne Turbulenzen ankündigt. Habt ihr euch schon mal näher mit dem Gewackel beschäftigt? Vielleicht wisst ihr ja schon, dass das Gewackel durch Luftlöcher, Wolken aber vor allem Gewitter rund um den Äquator entsteht. Manchmal dauert es nur ein paar Sekunden, ich hatte aber auf meinem zweiten Flug als Flugbegleiterin schon mal drei Stunden starke Turbulenzen. Auch von und in die USA gibt es häufiger mal Turbulenzen über dem Atlantik. Grund dafür ist der sogenannte „Jetstream“ – das sind dynamische Starkwindströme und damit sowas wie eine Autobahn für Flugzeuge. Hier kann der Wind bis zu 540 km/h sein und damit sind die Turbulenzen unvermeidbar. Das positive an der ganzen Sache: durch den Rückenwind fliegen wir noch schneller und ihr kommt schneller an eurem Ziel an.
Für uns Flugbegleiter bedeuteten Turbulenzen: schnell alles wegräumen und „verknebeln“, damit die schweren Trolleys uns nicht um die Ohren fliegen. Bei Turbulenzen ist nämlich eines ganz wichtig: du musst fest angeschnallt auf deinem Platz sitzen. Auch für die Crew sind Turbulenzen ziemlich unangenehm und unsere Kollegen im Cockpit geben ihr bestes um sie zu vermeiden. Auf besagten zweiten Flug mit den stundenlangen Turbulenzen hat übrigens der Kapitän eines A380, der vor uns geflogen ist es sehr treffend bezeichnet: „Der Flug ist zum Kotzen!“
Die Kontrolle abgeben und dem Cockpit vertrauen
Spätestens seit dem dramatischen Absturz der Germanwings Maschine, haben viele Leute Angst davor die Kontrolle in der Situation dem Cockpit zu übergeben. Ich kann euch nicht erklären warum dieser Pilot das gemacht hat. Aber ich kann euch versichern, dass die Piloten strenge psychologische Tests bestehen müssen um überhaupt ins Cockpit zugelassen zu werden. Und auch wir Flugbegleiter haben bei unserem Bewerbungsgespräch verschiedene Gespräche mit Psychologen und haben immer die Möglichkeit über unsere Probleme zu sprechen. Ihr müsst dabei auch immer bedenken: Der Pilot dort vorne hat genauso eine Familie zu Hause wie du und ich und möchte auch nur sicher ans Ziel kommen. Vielleicht hilft dir dieser Gedankengang ja!
Die Angst vor einem Absturz
Wusstest du, dass Flugzeuge die sichersten Verkehrsmittel sind und damit ein Flug viel weniger gefährlich ist als die tägliche Fahrt mit dem Auto in die Arbeit? Der Vergleich ist jedoch schwierig, weil theoretisch jeder ziemlich einfach einen Führerschein für das Auto bekommt, jedoch nicht jeder gleich hinter dem Steuer eines Flugzeuges sitzt. Was euch aber auch beruhigen wird: 2015 kam es zu einem schweren Flugzugunfall pro 3,1 Millionen Flüge weltweit!
Und übrigens: genau darauf werden wir Flugbegleiter geschult! Mehr als ein Drittel der Ausbildung beschäftigt sich nur mit solchen Ausnahmesituationen und Evakuierungen. Egal ob Land oder Wasser – wir schaffen das und wissen was zu tun ist! Jährlich müssen wir sämtliche Szenarien wieder und wieder durchspielen und die Tests nochmal bestehen um unsere Lizenzen zu behalten.
10 Tipps wie du deine Flugangst überwindest
Tipp 1: Sei vorbereitet und mach dir keinen Stress
Pack deinen Koffer frühzeitig und nicht auf den letzten Drücker. Such dir schon am Vorabend die Route und die nötige S-Bahn zum Flughafen raus, um nicht schon bei der Anreise unnötigen Stress zu haben. Stress verstärkt deine Flugangst und das wollen wir auf jeden Fall vermeiden. Überlege dir auch schon vorab was du für den Flug anziehen wirst. Dabei vergiss die High Heels und besonders schicke Sachen, sondern setz aufs Zwiebelprinzip, lange und gemütliche Oberteile und Hosen und geschlossene Schuhe. Solltest du eine Panikattacke bekommen und dir dabei heiß oder kalt werden, kannst du so schnell ein Kleidungsstück ausziehen oder anziehen.
Ein weiterer Grund für gemütliche Kleidung und geschlossene, flache Schuhe: Stell dir einfach mal das Worst-Case Szenario vor. Wir müssen notlanden und den Flieger über die Rutschen evakuieren. Mit hohen Schuhen wirst du nicht weit kommen. Lange Kleidung schützt dich außerdem vor Verbrennungen, sollte im Flugzeug ein Feuer ausbrechen.
Tipp 2: Erzähl uns Flugbegleitern von deiner Flugangst
Erzähl uns Flugbegleitern doch einfach von deiner Flugangst. Das kostet im ersten Moment vielleicht Überwindung, aber so können wir besser auf dich und deine Ängste eingehen. Vielleicht können wir dir einen Platz am Gang besorgen, wo du nicht das Gefühl hast eingequetscht zu werden und genügend Luft zum Atmen hast. Auf jeden Fall werden wir immer wieder vorbeikommen um sicherzugehen, dass es dir gut geht. Sollte sich deine Flugangst in eine Panikattacke, Ohnmacht oder anderen medizinischen Notfall verwandeln, ist es immer gut vorab schon Bescheid zu wissen und gleich handeln zu können.
Tipp 3: Flieg niemals ohne etwas im Magen
Sieh zu am Tag des Fluges zu gut gefrühstückt zu haben, denn das flaue Gefühl wird durch einen leeren Magen nur noch schlimmer. Außerdem ganz wichtig: genügend Wasser trinken! Solange deine Wasserflasche bei der Sicherheitskontrolle leer ist, kannst du sie ohne Probleme mitnehmen und musst dir nicht zwingend für 5 Euro ein stilles Wasser am Flughafen kaufen. Endlich im Flugzeug angekommen, bringen wir dir gerne auch einen Kräutertee, der dich ein bisschen runterbringt.
Tipp 4: Kleine Helferlein bei Flugangst
Kleine Beruhigungsmittel wie Baldriantropfen oder auch Ingwertabletten gegen die Übelkeit, die oft mit der Flugangst zusammenspielt helfen in solchen Momenten. Geh einfach vor Abflug in die Apotheke oder noch besser zu deinem Hausarzt und frag dort mal nach! Gleichzeitig solltest du aber auf Alkohol und andere aufputschende Getränke wie Redbull und Co. verzichten, mehr dazu kannst du bei Tipp 7 lesen!
Tipp 5: Ablenkung ist das A und O bei Flugangst
Das beste Mittel gegen Flugangst: Ablenkung! Egal ob das jetzt ein spannendes Buch ist, deine Lieblingsserie oder ein Gespräch mit deinem Sitznachbarn. Hast du ein iPad dabei? Dann lade dir vorab ein paar Filme von Netflix auf dein Gerät und mach dein eigenes Homekino im Flugzeug. Auf langen Flügen gibt es sowieso das Entertainment Programm mit ganz vielen Filmen, Serien, Musik und Spielen. Und wenn du nur mal von München nach Berlin fliegst, kannst du dir in der Zeit zumindest ein oder zwei Folgen deiner Lieblingsserie anschauen, die dir ein wohliges und gutes Gefühl geben.
Tipp 6: Such dir den perfekten Sitzplatz frühzeitig aus
Bei den meisten Airlines kannst du online schon 24 h vor Abflug einchecken und dir auch deinen Sitzplatz aussuchen. Also plan diesen Zeitpunkt vor dem Flug ein um 1. möglichst weit vorne im Flugzeug zu sitzen, da es dort am wenigsten wackelt. Und 2. dir bestenfalls einen Gangplatz sicherst, um schnell Aufstehen zu können und dich zu nicht eingeengt fühlst. Sollte das nicht klappen, kannst du auf jeden Fall deine Sitznachbarn fragen, um auf den Gangplatz zu tauschen.
Tipp 7: Verzichte bei Flugangst auf Alkohol und Koffein
Alkohol zur Beruhigung oder Koffein vor dem Flug putscht dich unnötig auf und verstärkt deine negativen Gefühle und die Flugangst. Je betrunkener und aufgeregter du wirst, desto irrationaler werden deine Gedanken und die Flugangst verstärkt sich. Wer mit einem Glas Rotwein besser einschläft: go for it! Mehr als das eine Glas sollte es aber nicht sein.
Tipp 8: Stell dich deiner Flugangst
Versuche nicht die Flugangst klein zu reden oder zu ignorieren, denn aufgestaute Gefühle machen das ganze nur noch schlimmer. Stell dich deiner Angst, weihe deinen Sitznachbarn und uns Flugbegleiter ein und sei dir deiner Angst bewusst. Wer weiß: vielleicht ist dein Sitznachbar ein erfahrner Vielflieger, der dich super beruhigen kann? Einsicht ist schon mal ein ganz großer Schritt und darauf kannst du aufbauen! Brich aus deiner „Was wäre wenn,…“-Angstspirale aus und vermeide die Panik vor der Panik.
Tipp 9: Hör den Flugbegleitern bei den Sicherheitshinweisen zu
Auch wenn du unseren kleinen Tanz bei der Sicherheitsvorführung schon bestimmt im Schlaf kannst: hör uns zu und du wirst sehen, dass wir unseren Job sehr ernst nehmen. Wirf nochmal einen Blick in die Sicherheitskarte und merk dir wo die Notausgänge sind, wie man die Schwimmweste anlegt und was zu tun ist, wenn die Sauerstoffmasken über dir aus der Decke fallen. In den Sicherheitshinweisen ist übrigens auch die Schutzhaltung abgebildet, die du unbedingt einnehmen musst, wenn du vom Cockpit oder uns dazu aufgefordert wirst! Das ganze dient nicht nur deiner Sicherheit, sondern wirkt auch positiv gegen deine Flugangst. Denn du fühlst dich für schlimme Situationen vorbereitet und das nimmt dir ein kleines Stückchen Angst.
Tipp 10: Belohne dich selbst nach einem überstandenen Flug
Flug überstanden ohne eine größere Panikattacke? Gratuliere! Das ist super und jetzt musst du dich selbst belohnen, um das Ereignis positiv zu manifestieren! Ganz wie bei einem Hund der nach geschaffter Übung ein Leckerli erhält, darfst du dir jetzt was gönnen. Ganz egal ob das ein besonders leckeres Abendessen ist oder neue Schuhe – such dir etwas, das dich glücklich macht und belohne dich selbst für die Meisterung dieser schwierigen Situation.
Professionelle Hilfe gegen die Flugangst suchen
Flugangstseminare am Flughafen Wien, München und Frankfurt
Du hast all das ausprobiert, aber die Flugangst wurde nicht besser? Dann ist es vielleicht an der Zeit dir professionelle Hilfe zu suchen. Es gibt jede Menge Airlines und andere private Anbieter von sogenannten „Flugangst Seminaren“. Ganz günstig sind die Seminare aber leider nicht. Angefangen bei 220 Euro über Jollydays, über 870 Euro bei Flugangst.de für ein Gruppenseminar bis Einzelseminare mit Preis auf Anfrage ist vieles über schnell gebucht.
Gratis Online Flugangstseminare vom Cockpitbuddy
Du möchtest oder kannst nicht so viel Geld dafür ausgeben? Dann kann ich dir das gratis Online-Flugangst-Seminar vom Cockpit Buddy sehr empfehlen! Dort kann man auch in einer Facebook Gruppe Erfahrungen austauschen oder in den spannenden Podcast von Suk-Jae Kim hören. Er ist Pilot und Flugangstcoach und weiß ganz genau wovon er spricht!
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